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Was kann ich tun, wenn ich am Arbeitsplatz diskriminiert werde?

Was kann ich tun, wenn ich am Arbeitsplatz diskriminiert werde?

Artikel vom 23 March, 2022 | Autor: Dr. Yara Hofbauer, LL.M

Diskriminierung Arbeitsplatz Arbeitsrecht

Allgemeines: Was bedeutet „Diskriminierung“

Diskriminierung am Arbeitsplatz ist seit einigen Jahren ein vieldiskutiertes Thema, dennoch bleibt dabei oft eine ganz grundsätzliche Frage auf der Strecke, nämlich: Was versteht man eigentlich unter „Diskriminierung“? Hier ist zu differenzieren zwischen Diskriminierung im allgemeinen Verständnis, nämlich eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung, und Diskriminierung im rechtlichen Sinn.

Der österreichische Gesetzgeber schützt Personen nicht allgemein vor jeder ungerechtfertigten Ungleichbehandlung, etwa, wenn der Chef einen Mitarbeiter bevorzugt, weil er dessen Eltern kennt, oder eine Mitarbeiterin benachteiligt, weil sie groß ist und ihm große Frauen suspekt sind. Vielmehr beschränkt sich der rechtliche Schutz vor Diskriminierung auf spezifische Merkmale. Diese sind:

  • (biologisches und soziales) Geschlecht
  • sexuelle Orientierung
  • Alter
  • ethnische Zugehörigkeit
  • Religion und Weltanschauung
  • Behinderung.

Eine Diskriminierung durch Arbeitgeber*innen auf Basis eines dieser sieben, sogenannten „verpönten“ – also geschützten –, Merkmale ist verboten. Alle anderen Merkmale, auf Basis derer jemand ungleich (und vielfach ungerecht) behandelt wird, wie soziale Herkunft oder Aussehen im Allgemeinen, fallen nicht unter den gesetzlichen Schutz.

Diskriminierung am Arbeitsplatz im rechtlichen Sinn

In einem nächsten Schritt stellt sich die Frage, in welchen Formen eine solche Diskriminierung im Arbeitsalltag auftreten kann. Besonders bedeutsam sind hier diskriminierende Personalentscheidungen (zB jemand wird aufgrund eines geschützten Merkmals nicht eingestellt, nicht befördert oder gekündigt), diskriminierende Entlohnungspolitik (zB die weiblichen Mitarbeiterinnen im Betrieb verdienen im Schnitt 20% weniger bei gleicher Erfahrung und gleichen Aufgaben) und bei sonstigen Arbeitsbedingungen (zB die weibliche Praktikantin wird stets zum Protokollieren und Kaffeekochen eingeteilt, während der männliche Praktikant von Anfang an in spannende Projekte involviert wird).
Bei diesen Diskriminierungsformen geht die Ungleichbehandlung von der oder dem Arbeitgeber*in gegenüber der betroffenen Person aus.

Anders ist dies bei Belästigung. Es handelt sich dabei ebenfalls um eine Diskriminierungsform, die immer dann vorliegen kann, wenn eine Person auf Basis eines geschützten Merkmals herabwürdigend behandelt wird. Wenn jemand zB rassistisch, sexistisch oder homophob beschimpft wird, handelt es sich dabei also um eine diskriminierende Belästigung. Auch die sexuelle Belästigung – eine besondere Form der Belästigung aufgrund des Geschlechts – stellt demnach eine solche Diskriminierung dar. Als Belästiger*in kommt jede*r in Frage, der oder die eine Person belästigt, die sich an ihrem Arbeitsplatz befindet. Dies kann der oder die Arbeitgeber*in selbst sein, aber auch sonstige Personen, wie Kolleg*innen, Geschäftspartner*innen, Kund*innen oder Patient*innen (das Gesetz spricht hier bei allen Personen, die nicht der oder die Arbeitgeber*in selbst sind von „Dritten“).

Beachtenswert ist dabei, dass Arbeitgeber*innen nicht nur selbst nicht belästigen dürfen, sondern ihre Mitarbeiter*innen auch vor diskriminierender Belästigung durch „Dritte“ wirksam schützen müssen. Tun sie dies nicht, so handelt es sich um eine sogenannte „passive“ Diskriminierung. Es wird also doppelt diskriminiert: Von der handelnden (aktiv belästigenden) Person und von dem oder der untätigen Arbeitgeber*in, indem er oder sie nichts dagegen unternimmt.

Handlungsoptionen

Um sich gegen Diskriminierung wehren zu können, müssen wir in einem ersten Schritt also erkennen, was alles (bereits) unter Diskriminierung fällt, und anerkennen, wenn wir von einer solchen betroffen sind. Das ist nicht immer einfach, denn es braucht Mut, sich selbst als Opfer oder Betroffene*r von Diskriminierung zu verstehen. Allerdings bedeutet eine solche Anerkennung keinesfalls Schwäche. Im Gegenteil. Die eigenen Grenzen anzuerkennen und sich bei ihrer Überschreitung zu wehren, erfordert viel Kraft. Es ist ebenso in Ordnung, wenn man diese nicht immer aufbringen kann oder will (Stichwort: „Chose your battles wisely“). Wichtig ist, sich bei der Erfahrung von Diskriminierung niemals die Schuld daran zu geben, und das Wissen darum, dass ein diskriminierendes Verhalten nichts mit einem selbst als Person zu tun hat, sondern das Problem stets bei der handelnden (oder eben nicht handelnden) Person zu verorten ist.

Kam es zu Diskriminierung am Arbeitsplatz, ist es in einem ersten Schritt ratsam, sich – sofern vorhanden – an eine interne, unter Verschwiegenheitspflicht stehende, Ansprechperson im Betrieb zu wenden. Wenn es keine gesonderte Stelle für Gleichbehandlungsfragen, aber einen Betriebsrat gibt, so kann auch bei diesem Rat gesucht werden. Stehen keinerlei interne (vertrauenswürdige) Ansprechstellen zur Verfügung, so gibt es unterschiedliche externe Stellen, die Betroffene zur Unterstützung kontaktieren können. Neben einigen Rechtsanwält*innen die auf diesen Bereich spezialisiert sind, besteht auch die Möglichkeit sich kostenfrei bei der Gleichbehandlungsanwaltschaft beraten zu lassen.
Bevor der kostspielige Weg eines (arbeits)gerichtlichen Verfahrens eingeschlagen wird, haben Betroffene von Diskriminierung am Arbeitsplatz auch die Möglichkeit, sich an die Gleichbehandlungskommission zu wenden, um das Vorliegen einer Diskriminierung feststellen zu lassen. Dies ist zwar mit keinen Prozesskosten (und damit auch keinem Prozessrisiko) verbunden; jedoch dauern die Verfahren zum einen teils recht lange und sind die Entscheidungen der Gleichbehandlungskommission zum anderen lediglich als Empfehlungen zu verstehen, weil sie nicht durchsetzbar sind. Dafür wird die Verjährung durch einen Antrag bei der Gleichbehandlungskommission gehemmt und die Gerichte (an die man sich dann wenden kann, wenn die Empfehlungen der Gleichbehandlungskommission von dem bzw von der Arbeitgeber*in nicht umgesetzt werden), müssen begründen, wenn sie von der Einschätzung der Gleichbehandlungskommission abweichen.

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